Alleine wandern

Achtung, Wildschweine: So verhältst Du dich, wenn Du ein „wildes Schwein“ triffst!

Junge Wildschweinferkel

Eine Begegnung mit einem Wildschwein ist nicht grundsätzlich gefährlich, jedoch solltest du immer Respekt vor Wildtieren beim Wandern haben. Es gibt Situationen in denen Vorsicht geboten ist. Zum Beispiel im Frühjahr, wenn die Mutter mit jungen Ferkeln unterwegs ist oder im Herbst, wenn bei den Wildschweinen die Paarungszeit beginnt.


Wikipedia sagt, ein ausgewachsenes Wildschwein wird zwischen 65 cm und 120 cm groß und zwischen 90 cm und 200 cm lang. Es erreicht dabei ein Gewicht zwischen 60 kg und 100 kg.

Wird ein Wildschwein aufgeschreckt erreicht es eine Geschwindigkeit von bis zu 40 km/h und kann auch einen bis anderthalb Meter hoch springen. Die Weibchen sind natürlich eher den kleineren und die Männchen eher den größeren Werten zuzuordnen.

Um es in einem Wort zu sagen: Kolosse!

Grund genug, um sich einmal darüber Gedanken zu machen, was zu tun ist, wenn du beim Wandern ein wildes Schwein triffst.

Respekt vor Wildtieren beim Wandern

Bei allen meinen Wanderungen, Geocaching-Touren und Nachtcaches, die ich unternahm, gab es noch nie nennenswerte Wildbegegnungen. Es sprangen mal ein paar Rehe über den Weg von einem Busch in den anderen. Am Watzmann traf ich mal ein paar freche Gämsen, die recht nah herankamen. Und im Moor sah ich hin und wieder Kreuzottern. Von Wildschweinen erzählten immer nur andere.

Tatsächlich sehe ich mittlerweile auch öfter Wildschweine. Bei einer unserer Wanderungen auf dem „Bergischen Weg“ war es einmal ein Rudel von vier oder fünf Tieren, welche einfach über den Weg von rechts nach links den Wald wechselten. 🙂

Respekt vor Wildtieren beim Wandern
Gämsen am Watzmann

Mein bisher bis Ostern 2019 spektakulärstes Erlebnis war wohl ein Greifvogel in den oberbayrischen Alpen. Er saß irgendwo in den Baumwipfeln. Wenige Meter vor mir schoss er unerwartet im Sturzflug über den Wanderweg hinweg auf die gegenüberliegende Felswand.

Dort griff er sich (vermutlich) ein kleines Tier, hob sofort im Steilflug wieder ab und war verschwunden. Es war eine Sache von Sekunden, aber ich habe mich echt erschrocken und so ein Raubvogel weist aus der Nähe eine imposante Größe auf.

Und dann stand das Borstenvieh vor uns…

Wildschweine (oder gar Wölfe) traf ich in freier Wildbahn noch nie. Bis neulich. Ostern 2019. Wir waren auf Urlaub in der Lüneburger Heide. Andy und ich suchten den ganzen Tag Geocaches. Und dem Frühling geschuldet wurde es noch relativ früh dunkel. Während unserer letzten Cache-Runde im Wald begann daher es zu dämmern.

Wir stellten mehrfach deutlich aufgewühlten Boden fest und mutmaßten noch, dass hier Schweine am Werk waren. Wir unterhielten uns und bogen um die Ecke, um zur letzten Dose zu gelangen: Plötzlich stand ein Wildschwein direkt vor uns auf dem Weg!

Andy und ich blieben wie vom Donner gerührt stehen. Vor lauter Schreck entfuhr mir wohl auch ein „Ach du Scheiße!“. Die Wutz erschrak mindestens genauso wie wir!

Sie fing laut an zu grunzen und rannte mit einem Affenzahn nach rechts in den Wald. Einige Meter von uns entfernt raste es wie von der Tarantel gestochen durch das Waldstück. Im Kreis, aber auch kreuz und quer. Dabei gab es schallende schnaufende und grunzende Geräusche von sich.

Wir standen immer noch wie versteinert auf dem Weg und beobachteten das Spektakel. Nach einer Weile zog das Schwein sich weiter in den Wald zurück. Wir atmeten auf.

Dass die Laute, die das Wildschein von sich gab, Angriffszeichen sind, stellte ich erst bei der Recherche für diesen Artikel fest. Möglicherweise hatte es Frischlinge dabei, die wir nur nicht gesehen haben.

Glück gehabt?

Respekt vor Wildtieren beim Wandern: Wildschwein
Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay

Wann ist ein Wildschwein gefährlich?

Tatsächlich geht von Wildschweinen ein viel größeres Risiko für den Menschen aus, als beispielsweise von Wölfen. Die Borstenviecher können uns schwere Verletzungen zufügen und sie sind in unseren Wäldern deutlich stärker vertreten als der Wolf.

Zum Glück reagieren die haarigen Kraftprotze nur in bestimmten Situationen aggressiv. Allgemein bekannt ist, dass Weibchen (Bachen) böse werden, wenn sie gerade Junge haben. Viel weniger verbreitet ist hingegen, dass die Waldbewohner schon in der Paarungszeit angriffslustig sind.

Rausch- bzw. Paarungszeit

Bei uns beginnt die Rausche meistens im November und endet im Januar oder Februar. Der Höhepunkt liegt im Dezember. Abhängig vom Nahrungsangebot kann es aber zu mehreren Haupt- und Nachrauschen außerhalb dieser Zeit kommen. Die männlichen Tiere (Keiler) sind während der Paarungszeit (vor allem von Ende November bis Mitte Dezember) sehr aggressiv und greifen nicht nur Rivalen, sondern auch unvorsichtige Menschen an.

Frischlingszeit

Frischlinge kommen mittlerweile das ganze Jahr über auf die Welt. Der Schwerpunkt liegt aber in der Zeit von März bis Mai. Sie werden von der Bache 2,5 bis 3,5 Monate gesäugt. Schon wenige Tage nach der Geburt streift die Mutter mit den Ferkeln durch den Wald. Triffst Du auf eine Bache mit Jungen, wird sie den Nachwuchs mit ihrem Leben verteidigen.

Die oben beschriebenen schnaufenden und grunzenden Geräusche, das sogenannte Blasen, ist eine Vorwarnung – hörst Du dies, solltest Du sofort den Rückzug antreten. Auch einem scheinbar alleingelassenen Ferkel sollte man niemals zu nahe kommen – die Mutter befindet sich garantiert in der Nähe.

Verletzte Keiler

Wurde ein Wildschwein, vor allem ein männliches, beispielsweise durch ein Auto lädiert oder durch einen Jäger angeschossen, ist höchste vorsichtig geboten. Ein verletztes Tier ist in der Regel aggressiv und greift an. Hier sollte sofort die Polizei oder der Förster informiert werden.

Überraschungsbegegnung

Ebenso gefährlich ist das unerwartete Zusammentreffen mit Wildschweinen, wenn sie nicht mehr mit uns rechnen: Zum Beispiel nachts oder in der Dämmerung – wie es uns passiert ist. Fühlt es sich in die Enge getrieben, greift es an. Grundsätzlich zieht das Schwein aber die Fluchtmöglichkeit vor, sofern diese gegeben ist.

Wildschweine in der Stadt

Besonders im Herbst kann es dazu kommen, dass Wildschweine sich in die Stadt und/oder waldnahe Gärten verirren. Der Hauptgrund dafür ist die Nahrungssuche. Während der Ernte fliehen sie vor den lauten Gerätschaften auf dem Felder, anschließend sind die Felder leer und es gibt nichts mehr zu fressen.

In der Stadt fühlen sie sich jedoch schnell in die Enge getrieben. Es ist nicht ihr üblicher Lebensraum, daher neigen sie eher zu Angriffen. Wildschweine sind übrigens Allesfresser: Eine Bio-Tonne mit Essensresten etwa ist ein Paradies für die Wutz!

Junge Ferkel
Bild von PublicDomainPictures auf Pixabay

Was passiert bei einem Wildschweinangriff?

Wikipedia sagt, direkte Angriffe von Wildschweinen auf Menschen sind selten. In den vergangenen Jahrzehnten zeige sich aber eine zunehmende Tendenz. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) schreibt, dass von Wildschweinen aufgrund ihrer Anzahl statistisch gesehen eine viel größere Gefahr ausgeht als vom Wolf.

Wildschweine können uns Menschen mit ihren langen Eckzähenen lebensgefährlich verletzen. Das Borstenvieh wirft bei einem Angriff mit enormer Kraft den Kopf hin und her, geht „dem Feind“  zwischen die Beine und bringt ihn damit zu Fall. Es kann sein, dass es dabei zubeißt oder den Menschen unabsichtlich mit den Zähnen verletzt. Die stattlichen Eckzähne sind rasiermesserscharf und können tiefe Wunden verursachen.

Da an den Innenseiten unserer unteren Extremitäten zwei große Schlagadern verlaufen, ist ein solcher Überfall nicht zu unterschätzen. Das Wildschwein greift außerdem immer das „Alphatier“ an. Bist Du in einer kleinen Gruppe oder aber auch mit einem Hund unterwegs, hält es sich an den „Chef des Rudels“. Zum Beispiel den Besitzer des Hundes, wenn das Schwein merkt, dass der Vierbeiner auf das Herrchen hört.

Hunde sollten (auch zu ihrem eigenen Schutz) in Wildschweingebieten immer angeleint werden. Greift der Hund das Wildschwein an, wird es sich verteidigen. Und ganz gleich ob Hund oder Mensch: Gegen die Wutz ziehen wir den Kürzeren!

Folgende Warnzeichen weisen auf einen möglichen Angriff hin:

  • Die Bache hat Frischlinge dabei.
  • Das Wildschwein ist verletzt.
  • Vorwarnung: Das Tier bläst (schnaubende, grunzende Geräusche).
  • Klappert das Schwein mit den Zähnen und stellt den Schwanz auf, ist mit einem Angriff zu rechnen.

Wildschweine sehen übrigens nicht besonders gut, riechen und hören können sie daher umso besser. Sie können die leisesten Geräusche wahrnehmen und ziehen sich daher auch zurück, wenn sie den Menschen rechtzeitig hören und/oder riechen.

So verhältst Du dich, wenn du einem „wilden Schwein“ gegenüber stehst!

Respekt gegenüber dem Wildschwein (übrigens gegenüber jedem Wildtier, welches du unerwartet triffst), ist immer angesagt. Wildschweine scheuen dem Menschen aber, daher wird es immer die Fluchtmöglicheit ergreifen – wenn diese gegeben ist UND wenn der Mensch weiß, wie er sich zu verhalten hat!

  • Stehen bleiben, Abstand halten und nicht wegrennen.
  • Das Wildschwein im Auge behalten und gegebenenfalls durch langsame, kleine Schritte rückwärts den Abstand vergrößern.
  • Warten, bis sich das Tier oder die Tiere sich von selbst zurückziehen.
  • Zieht sich das Borstenvieh nicht zurück: Großmachen, laut sprechen und hörbar in die Hände klatschen.
  • Versuche auf keinen Fall das Wildschwein (oder gar Frischlinge) zu streicheln oder zu füttern, es wird dies als Angriff werten.
  • Keinesfalls mit Stöcken oder Steinen verteidigen, das macht das Schwein aggressiv.
  • Im Ernstfall – wenn möglich – einen Baum, einen Hochsitz oder Ähnliches suchen, an dem Du hochklettern kannst.

Gut zu wissen: Ein Wildschwein greift in der Regel nur ein einziges Mal an und ziehen sich dann zurück! Auch gut zu wissen: Wildschweine können hervorragend schwimmen!

Wildschwein mit Jungen
Bild von Paul Henri Degrande auf Pixabay

Zeichen für die Anwesenheit von Wildschweinen

Gehst Du aufmerksam durch den Wald, findest Du Hinweise dafür, dass Wildschweine in der Nähe sind oder waren:

  • Der Boden wurde „umgegraben“.
  • Bei Bäumen mit abgewetzter Rinde, welche bis auf ca. 50 cm Höhe Schlamm aufweisen, handelt es sich um „Mahlbäume“. Sie dienen als Reviermarkierung.
  • Der Geruch von „Maggi-Würze“ soll darauf hinweisen, dass sich Wildschweine in unmittelbarer Nähe befinden.

Hast Du bei deinen Wanderungen schon einmal das Borstenvieh getroffen? Erzähle mir in den Kommentaren davon!

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4 Comments

  • Reply
    Bastian
    26. Juni 2022 at 2:04

    Ich war gerade auf einer Nachtwanderung im Harz als ich neben mir ein Gruntzen hörte. Zum Glück war eine Steinformation in der Nähe auf der ich gerade sitze und warte, dass das Tier weiterzieht.

    • Sabine Schönberg
      28. Juni 2022 at 6:04

      Ich hoffe, es ist alles gut gegangen und das Tier hat sich nicht zu lange aufgehalten. 🙂

  • Reply
    Anja
    23. April 2023 at 22:30

    Ich gehe täglich 12 km durch den Wald und habe auch schon häufiger Wild, vorwiegend Rehe, wahrgenommen. Dass es auch Wildschweine gibt, wusste ich, da diese leider häufig Opfer von Unfällen an einer naheliegenden Straße sind. Begegnet bin ich ihnen auf meinen Trails allerdings nie. Bis heute. Wobei, wirklich begegnet bin ich ihnen auch heute nicht. Ich bin – dem einsetzenden Regen geschuldet im sehr zügigen Tempo – auf dem Waldwirtschaftsweg unterwegs als ich geschätzt 15 m neben mir dieses laute Grunzen vernehme. Allerdings wusste ich mitnichten wie ich mich richtig zu verhalten hatte. Mein Gefühl sagte mir, dass ich einfach weiter laufen sollte. Das tat ich mit einer gehörigen Portion Respekt und ja, auch Angst. In meiner Jacke schwingte dabei der Schlüsselbund laut mit. Nach weiteren ca. 300 m hatte ich es gewagt zurück zu schauen. Es war nix zu sehen und zu hören. Allerdings waren es da noch gut 3 km bis zum Auto. Es ging quasi nur ein Weg und der weiter, zwar auf Wirtschaftswegen, aber durch den Wald. Ich hab dann in meiner Nervosität – es kam wirklich auch alles zusammen: Regen, starke Windböen und einsetzendes Gewitter – mein Handy raus, die Deezer-App geöffnet und Rammstein sehr laut gestellt. Jeder, der mich so gesehen hätte, hätte mich für verrückt erklärt. Ich habe es ohne weiteren Wildschweinkontakt und ohne einem herunterfallenden Ast auf den Kopf zum Auto geschafft. Ob die Lautstärke oder meine Ignoranz dem Wildschwein gegenüber nun geholfen hat, weiß ich nicht. Mein Gefühl sagt mir, ich hatte vielleicht einfach eine Menge Glück. Die kommenden Trails werden definitiv nicht mehr einsam durch den Wald führen.

    • Schlubbel
      25. April 2023 at 9:50

      Hallo Anja! So eine Wildschweinbegegnung oder überhaupt Wildbegegnungen sind immer aufregend – weil man überhaupt nicht damit rechnet. In den meisten Fällen passiert auch einfach gar nichts, das Tier zieht sich zurück und dann ist gut. 🙂

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